Wie kann ich digitalem Stress entgegenwirken? – Die Gefährdungsanalyse psychischer Belastungen als Präventionsinstrument

Die Digitalisierung bringt psychische Herausforderungen mit sich. Besonders die Entgrenzung der Arbeit, die Verdichtung der Aufgaben und Termine, und mangelnde Kenntnisse im Umgang mit der digitalen Welt führen bei vielen Beschäftigten zu Stress. Nähere Informationen dazu finden Sie auch in meinem Blogartikel „Digitalisierung und psychische Gesundheit

Einigkeit herrscht in der Ansicht, dass nicht die Arbeit an sich krank macht, sondern schlechte Arbeitsbedingungen. Und dass umgekehrt gut gestaltete Arbeit positiv auf die Gesundheit wirkt und die Psyche stabilisiert.
Wichtig zum Verständnis ist: Psychische Belastungen sind nicht per se etwas Schlechtes. Sie müssen nicht automatisch negative Auswirkungen haben und schon gar nicht zwangsläufig krank machen. Wenn Aufgaben mit einem gewissen Maß an Stress und Anspannung verbunden sind, kann dies auch motivieren. Das erfolgreiche Bewältigen einer Herausforderung kann zu einer hohen Arbeitszufriedenheit führen. Wirtschaftspsychologen unterscheiden dabei zwischen Belastungen (von außen einwirkende Einflüsse) und Beanspruchung (im „Inneren“ des Beschäftigten eintretende Wirkung). So kann die gleiche Arbeitssituation (Belastung) sich auf Ihre Mitarbeiter ganz unterschiedlich auswirken (Beanspruchung).


Wie kann ich überhaupt psychische Belastungen erkennen?


Zum Erkennen und Analysieren von psychischen Belastungen gibt es die Gefährdungsanalyse psychischer Belastungen. Diese ist seit 2013 im Arbeitsschutzgesetz als Verpflichtende Maßnahmen für alle Unternehmen verankert. Die Gefährdungsanalyse folgt grundsätzlich 7 Schritten. Wichtig ist bei der Durchführung, dass die Beschäftigten frühzeitig mit in die Gefährdungsanalyse einbezogen werden. Nur so können Ihre Beschäftigten für das Thema sensibilisiert werden und eine höhere Kooperationsbereitschaft erzielt werden.

Gefährdungsanalyse - Checkliste
Gefährdungsanalyse – Checkliste (Foto: Pixabay)
1. Festlegen der Arbeitsbereiche

In einem ersten Schritt werden die Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten, für die die Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wird, festgelegt. Die Bereiche können z.B. nach Berufen, Arbeitsplätzen oder Tätigkeiten (Gerüstbauer, Mechatroniker in der Kfz-Werkstatt, Friseur, Büroarbeitsplatz usw.) oder nach Arbeitsbereichen (Baustelle, Lager, Außendienst, Verwaltung usw.) abgegrenzt werden.

2. Ermitteln der Belastungen

Es gibt unterschiedliche Wege, die Belastungen zu Analysieren. Erste Anhaltspunkte bieten Krankenstatistiken oder hohe Fluktuationsraten.  Diese erste Analyse reicht aber nicht aus. Im nächsten Schritt müssen Sie im Rahmen von Befragungen, moderierten Workshops oder Arbeitsplatzbesuchen die Mitarbeiter in den Prozess einbeziehen.

3. Bewertung der Belastungen

Nach der Erfassung der psychischen Belastungen ist es auch wichtig, diese zu bewerten. Nicht jede objektiv erfasste Belastungssituation führt auch bei den Mitarbeitern zu einer subjektiven Beanspruchung. Auch in diesem Schritt ist daher das Mitwirken der Beschäftigten wichtig.

4. Maßnahmen planen und durchführen

Auf Basis der Ergebnisse aus den vorherigen Schritten lassen sich Maßnahmen ableiten, die die psychischen Belastungen so weit wie möglich reduzieren sollen.
Die Maßnahmen können unterschiedlicher Art sein und sollten immer speziell auf Ihr Unternehmen und Ihre Arbeitssituationen angepasst sein. Es kann unterschieden werden zwischen technischen Maßnahmen (z.B. unterstützende Informationen leicht zugänglich bereitstellen), organisatorische Maßnahmen (z.B. Neuordnung von Aufgabenbereichen, feste Pausenregelungen) und schließlich persönlichen Maßnahmen (z.B. fachliche oder persönliche Weiterbildung).

5. Wirksamkeit überprüfen

Sämtliche Maßnahmen, die in Schritt 4 geplant und durchgeführt werden, müssen anschließend auch auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Dabei gibt es Maßnahmen, die unmittelbar wirken. Andere Maßnahmen wirken erst nach längerer Zeit. Somit ist eine Erfolgsprüfung ggf. auch erst nach längerer Zeit möglich, z.B. nach einem Jahr. Wenn sich Maßnahmen als unwirksam herausgestellt haben, muss nachgebessert werden.

6. Dokumentation

Die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung umfasst alle Vorgehensweisen und Ergebnisse der einzelnen Schritte. Auch die geplanten und bereits durchgeführten Maßnahmen werden in der schriftlichen Dokumentation aufgenommen, sowie die Ergebnisse der Wirksamkeitsprüfung. Diese Dokumentation kann bei Bedarf der Arbeitsschutzbehörde oder den Berufsgenossenschaften vorgelegt werden.

7. Fortschreiben

Die Gefährdungsbeurteilung soll in regelmäßigen Abständen überarbeitet werden. Empfohlen wird eine Wiederholung mindestens alle 3 Jahre. Wenn sich vorher die Bedingungen eines Arbeitsbereiches bzw. einer Tätigkeit so stark verändern, dass erhöhte oder neue Gefährdungen vorliegen (z.B. durch neue Arbeitsbereiche, Umstrukturierung) muss sie schon eher wiederholt werden.

Die Gefährdungsanalyse psychischer Belastungen ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch ein starkes Instrument um Engagement und Arbeitszufriedenheit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nachhaltig zu verbessern. Die Digitalisierung unterstreicht noch einmal, wie wichtig es ist, eine gute und strukturierte Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.

Wenn Sie Unterstützung bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen suchen, sprechen Sie mich gerne an.